Petruschki

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Henri Toulouse-Lautrec - "Der Herbst ist der Frühling des Winters"- Kapitel 18 - Petruschkis Fahrt ins Blaue

Henri Toulouse-Lautrec - "Der Herbst ist der Frühling des Winters"- Kapitel 18 - Petruschkis Fahrt ins Blaue

Im Dezember 2019 gingen wir auf eine Reise mit Bus und Bahn durch Spanien, Frankreich, Deutschland, Belgien, Großbritannien und Irland. Das Ziel war die Ausstellung Protest! von Derek Jarman in Dublin. Mehr darüber im 1. Kapitel Ins Blaue geträumt. Das Ziel war diese Ausstellung, aber dann haben wir uns herumgetrieben und 21 Ausstellungen besucht. Es wurde ein Zeitreise, vom Barock in die Moderne. In Staunen versetzt mich, wie jede einzelne Künstlerin, jeder Künstler es schaffte in seiner Zeit sein Werk zu kreieren. Mit sicherem Wissen oder großen Zweifeln, mit Selbstverständlichkeit und/oder schmerzhaften Kämpfen. Wir haben Geschichten entdeckt und Freunde getroffen. In diesem Kapitel sind wir immer noch ganz am Anfang unserer Reise in Paris. Nach El Greco gehen wir in die nächste Ausstellung im Grand Palais: Toulouse-Lautrec Résolument Moderne – Entschlossen modern - vom 9. Oktober 2019 – 27. Januar 2020 Hier nun der zweite Teil des Blogposts…Zum ersten Teil -Man muß sich selbstertragen können- geht es HIER.

Toulouse-Lautrec und der Zirkus

Henri Toulouse-Lautrec Au cirque Fernando 1887

Henri Toulouse-Lautrec Au cirque Fernando 1887

Das Titelbild ist eines der ersten ambitionierten Gemälde Toulouse-Lautrecs. Es entstand 1887 /1888. Also alt war er da noch nicht. “Im Zirkus Fernando: Kunstreiterin” heißt es. Es wurde im XX. Brüsseler Salon ausgestellt und hing im "Moulin Rouge" bei seiner Eröffnung1889. Mit diesem Bild fand er Anerkennung bei den Künstlern der Avantgarde. Der Zirkus Fernando war der Zirkus des Montmatre, da gingen alle hin. Auch viele Künstler, die sich von den Darbietungen inspirieren liessen. Wie Degas zum Beispiel. Lange Zeit blieb der Zirkus eine Institution im Montmatre. Er existiert nach einer spannenden, tragischen, wechselvollen Geschichte noch heute unter dem Namen Cirque Medrano und ist ein Reisezirkus geworden.

Es ist der spannende Moment vor dem Sprung der Kunstreiterin durch einen mit Papier bespannten Reif. Man weiß, dass das Modell Suzanne Valadon war, seine damalige Geliebte, die eigentlich Karriere als Zirkusartistin machen wollte, das aber nach einem Unfall aufgeben musste. Bald mehr in einem eigenen Artikel über sie. Nachdem sie Modell war, wurde sie eine sehr erfolgreiche Malerin.

Ich liebe dieses Bild, weil es so eine rasende Energie hat. Das Pferd überdimensional, imens und kraftvoll. Das Rund der Manege scheint sich durch die Bewegungskraft des Pferdes zu drehen. Das absinthfarbene Tutu der Reiterin fliegt hoch. Ihr Gesicht ist gleichzeitig gespannt und voller Lust. Die Rockschöße des Zirkusdirektors wirbeln herum. Ich höre den Tusch und den endgültigen Paukenschlag. Am Rande zappelt ein Clown, eine anderer hält den Reifen, von ihm sieht man nur die geringelten Socken und die wolkig gepluderte Hose. Und das ist das ganz spezielle dieses Bildes. Der fotografische Blick. Ein Bildauschnitt wie der eines Fotos.

Toulouse-Lautrec Au Nouveau Cirque, la clownesse au cinq plastrons, 1892

Toulouse-Lautrec Au Nouveau Cirque, la clownesse au cinq plastrons, 1892

Au Nouveau Cirque, la clownesse au cinq plastrons heißt dieses Bild von 1892. Das ist ein seltsamer Name. Im Neuen Zirkus, die Clownin der 5 Brustpanzer. Auch hier haben wir wieder einen ungewöhnlichen Bildausschnitt. Man sieht einer Dame über die Schulter. Sie trägt einen eleganten Hut. In der Hand hält sie ein Opernglas und sie schaut einer, sich nach hinten biegenden Tänzerin zu. Ihr gegenüber im Manegenrund sitzen 5 komische Männer mit weißen Hemdbrüsten. Sie sehen aus wie Pappfiguren, Schießbudenfiguren.

Toulouse-Lautrec Tiffany

Toulouse-Lautrec Tiffany

Dieses Gemälde war eigentlich ein Entwurf für ein Buntglasfenster, dass der Künstler und Designer Louis Comfort Tiffany schuf. Man kann es heute im Musée d´Orsay in Paris sehen.

Im "Nouveau Cirque" gab es nicht nur Zirkusvorstellungen, sondern auch Tanzdarbietungen. Ich glaube, es ist das "Papa Chrysanthème"-Ballet. Die Show bestand aus einer japanischen Wasserfantasie, die den Zirkusring in ein Schwimmbad verwandelte. Da ist der dunkle, blaugrüne Grund der Manege, das Wasser. Die Haupttänzerin bewegte sich nach der berühmten Performance von Loïe Fuller, dem Serpentinentanz, der in jenem Jahr in den Folies Bergère Premiere hatte.

Toulouse-Lautrec  Loïe Fuller Danse

Toulouse-Lautrec Loïe Fuller Danse

Ja, auch über diese Künstlerin Loïe Fuller würde ich gern einen Artikel schreiben. Atemberaubend, was sie geschaffen hat. Sie hat soviel Neues für die Bühnenkunst im Bezug auf Licht und Technik hervorgebracht und den Weg zum Modernen Tanz geebnet durch ihre abstrakten Performances. Später mehr. Es gab in der Ausstellung nämlich einen unglaublichen Film über diesen Tanz, den ich irgendwann in diesem Kapitel noch zeigen werde.

Toulouse-Lautrec Clownesse Cha-U-Kao 1895

Toulouse-Lautrec Clownesse Cha-U-Kao 1895

Cha-U-Kao war eine Clownin, die keinen Hehl daraus machte, dass sie lesbisch war und die mit großem Erfolg im Nouveau Cirque und im Moulin Rouge auftrat. Ihr Künstlername Cha-U-Kao ist eine Mischung aus der phonetischen Schreibweise des Wortes Chahut (ein akrobatischer Tanz, der dem Cancan ähnlich war) und dem Wort Chaos. Toulouse-Lautrec hat sie immer wieder gemalt. Hier zeigt er sie privat, in ihrer Gaderobe nehme ich an. Sie versucht ihren berühmten, gelben Tutu zu befestigen. Man sieht ihn auf vielen Darstellungen Lautrecs. Er gehörte zu ihrem Bühnenkostüm, manchmal als Röckchen oder als üppiger Kragen. Eine gelbes Band hängt von ihrer weißen Perücke und spielt mit dem Gelb des Tutus. Das Bild ist für mich wie ein Blick durch ein Schlüsselloch, ganz intim. Ich möchte sie berühren, sie umarmen, so lebendig versunken ist sie und gleichzeitig strahlt sie eine solche Kraft und Ernsthaftigkeit aus. Lautrec schafft es diese Konzentration vor dem Auftritt zu vermitteln, in dem vermeintlich Unwichtiges vorher noch in Ordnung gebracht wird, im Innern sich aber dieses Zentrum an Kraft und Fokussierung aufbaut. Wie diese Sache im Universum.

Im Hintergrund sieht man ein Gemälde oder vielleicht ist es auch ein Spiegelbild eines älteren Mannes. Wer weiß, wer das war…

Mit kräftigen Pinselstrichen und leuchtenden, klaren Farben vermittelt Lautrec eine große Vitalität.

Quelle: Lesbian News The mystery of the dancer Cha-U-Kao

Toulouse-Lautrec und der Hügel der Wunder: Montmartre - Kapitel 19 - Petruschkis Fahrt ins Blaue

Toulouse-Lautrec und der Hügel der Wunder: Montmartre - Kapitel 19 - Petruschkis Fahrt ins Blaue

Petruschkis Fahrt ins Blaue - Kapitel 17 - Toulouse-Lautrec - Man muss sich selbst ertragen können

Petruschkis Fahrt ins Blaue - Kapitel 17 - Toulouse-Lautrec - Man muss sich selbst ertragen können